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Neue Perspektiven für Sankt Hedwig
Liebe Freunde,
es war absehbar, dass wir aus unserem Domizil in der Humperdinckstraße früher oder später hinauswachsen. Nun ist es soweit. Studiobühne, Schauspielschule und Theater Tollhaus wuchsen in den letzten 11 Jahren aus den „Kindersachen“ hinaus. Unsere Projekte benötigen Raum zu Entfaltung und wir, die Künstler der Studiobühne, suchten einem Ort, an dem wir ankommen können. Mit Sankt Hedwig und dem benachbarten Kindergarten eröffnet sich nun für uns ein Tor in die Zukunft. Für die Stadt, den Kreis und die Gemeinde eröffnet sich die Chance, eine Kulturkirche zu beheimaten, die nicht eine weitere Spielstätte ist, um Gastspiele zu engagieren, sondern die ein lebendiger Ort des Miteinanders ist – gestaltet von Künstlern, die hier leben.
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Neue Perspektiven für Sankt Hedwig
SIEGBURG. Ehrgeizige Pläne verfolgen René Böttcher und Maike Mielewski, Leiter der Schauspielschule Siegburg, der Studiobühne und des "Theaters Tollhaus". Sie möchten im Stadtteil Zange "einen Ort der Kunst, der Kultur und des Miteinanders" schaffen.
Die geeigneten Räumlichkeiten haben sie auch schon gefunden, allerdings ist die Umsetzung ihrer Vision nicht ganz einfach. Denn die Kirche Sankt Hedwig und der noch bestehende Kindergarten, der bald in einen Neubau umzieht, spielen dabei die entscheidende Rolle.
Ein Konzept haben die Theaterleute bereits erstellt, das muss aber zunächst von der Kirche abgesegnet werden. Für die Umsetzung ist nämlich eine Profanierung des Gotteshauses notwendig. Seit 2009 finden dort keine Sonntagsgottesdienste mehr statt, sondern nur noch Schulgottesdienste, Schützen- und Patronatsmessen sowie Wortgottesdienste an Werktagen. Auch einen eigenen Priester gibt es in der Filialkirche von Sankt Servatius nicht mehr.
Die Bürger auf der Zange befürchten schon lange, dass "ihre" Kirche irgendwann geschlossen und abgerissen werden könnte. Böttcher sieht mit seinem Konzept den Bestand gesichert: "Bereits 2012 stand die Zukunft von Sankt Hedwig zur Debatte. Damals entschied man, die Kirche zu erhalten. Es sollte ein Konzept entwickelt werden und nach drei bis fünf Jahren wollte man sehen, wie es weitergeht".
"Breite Unterstützung von Politik und Bürgerschaft ist da - nur der Pastor fehlt"
Er hat bereits zahlreiche Gespräche geführt, Vertretern des Kirchenvorstands und des Erzbistums sowie der Bürgergemeinschaft Zange und des Vereins der Freunde und Förderer Sankt Hedwig den Plan vorgestellt. Der Pfarrgemeinderat stellt laut Böttcher seine Hilfe bei der Realisierung in Aussicht, sobald der neue Pastor in der Großgemeinde Sankt Servatius sein Amt antritt. Vom Erzbistum sei signalisiert worden, dass man eine Profanierung von Sankt Hedwig nicht kategorisch ausschließe und sich eine Nutzung im Sinne des vorliegenden Konzepts durchaus vorstellen könne.
"Breite Unterstützung von Politik und Bürgerschaft ist da - nur der Pastor fehlt", so der Theaterleiter nach wochenlangen Treffen und viel Überzeugungsarbeit. Zu den Befürwortern des Projekts zählt auch Susanne Haase-Mühlbauer, Vorsitzende des städtischen Kulturbeirats, die in unmittelbarer Nähe der Kirche wohnt. "Eine bessere Nachbarschaft kann ich mir gar nicht vorstellen", sagte sie nach einem Treffen mit René Böttcher. Haase-Mühlbauer sieht in der geplanten Kulturstätte nicht nur eine Aufwertung des Stadtteils, sondern eine Bereicherung für das kulturelle Leben der ganzen Stadt.
Nach Böttchers Vorstellungen soll eine Kultur-Kirche entstehen, die Raum für kulturelle und soziale Veranstaltungen bietet. "Wie bisher in der Studiobühne werden Theater, Lesungen, Konzerte, Dokumentarkino und Live-Talkshows geboten, aber auch politische und gesellschaftliche Themen behandelt", erklärt der Leiter.
Wortgottesdienste finden weiterhin statt
Besonders wichtig ist ihm die gemeinsame Nutzung der Kirche mit der Gemeinde. So werden beispielsweise auch weiterhin Wortgottesdienste stattfinden oder das schon traditionelle weihnachtliche Krippenspiel der Zanger Bürger aufgeführt.
"Im Sinne der Nachhaltigkeit soll die Kirche als leicht umbaubarer Mehrzweckraum vielseitig nutzbar sein. Vor allem in der Sommerpause, in den Ferien oder an spielfreien Tagen können die Räumlichkeiten für Hochzeiten, Geburtstage, Firmenfeiern, Tagungen, Workshops, Vereinsfeiern oder Karnevalsveranstaltungen genutzt werden", so die Vorstellung Böttchers, der auf breite Zustimmung der Bevölkerung hofft.
Konkrete Gestaltungspläne oder solche in Bezug auf eine Finanzierung gibt es noch nicht, obwohl die Studiobühne sich auch darüber bereits Gedanken macht. "Vorrangiges Ziel ist, für Akzeptanz unserer Zukunftspläne bei allen Entscheidern und natürlich den Bürgern zu werben", so Böttcher.
Paul Kieras, General-Anzeiger vom 14.12.
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Chancen für die Zange
Mit Schaffung der Großgemeinde Sankt Servatius war das Ende der Eigenständigkeit von Sankt Hedwig auf der Zange besiegelt. In der Kirche finden nur noch wenige heilige Messen statt.
Die Zanger bemühen sich, das Gotteshaus weiter mit Leben zu füllen und die ehemalige Gemeinde zusammenzuhalten. Sporadisch gibt es Ausstellungen dort, und es werden Wortgottesdienste abgehalten.
Seit Jahren herrscht die Angst, die Kirche könne abgerissen werden, der Kindergarten nach seinem Umzug in ein neues Domizil ebenfalls dem Erdboden gleich gemacht werden. Damit fiele ein zentraler Anlaufpunkt für die Bevölkerung zur Förderung des Chancen für die Zange Gemeinwesens weg.
Da kommen zwei junge Theaterleute daher und wollen nicht nur den Status quo erhalten, sondern gleich die Zukunft gestalten. Wie genau, wissen sie selbst noch nicht. Aber sie haben den Kopf voller Ideen, mit denen sie nicht nur für den Erhalt der Kirche sorgen, sondern einen ganzen Stadtteil beleben könnten. Und diese Chance sollten alle nutzen - Kirche und Bevölkerung.
Kunst und Kultur sind Spiegel einer Gesellschaft, fördern deren Identität. Das haben wohl auch die Verantwortlichen erkannt, denn René Böttcher konnte bisher alle Gesprächspartner von seinen Visionen überzeugen, selbst diejenigen, die zunächst skeptisch waren.
Das Projekt verdient breite Unterstützung. Selbstverständlich werden die beiden auf Hilfe angewiesen sein. Solcher Mut, der Wille, etwas zu bewegen und sich für ein Ziel einzusetzen, von dem letztlich alle Bürger profitieren, verdient Respekt und Unterstützung. Bleibt zu hoffen, dass diejenigen, die letztlich ihr Okay geben müssen, das genauso sehen und die Zanger ihre potenziellen Neubürger mit offenen Armen empfangen.
Paul Kieras, General-Anzeiger vom 14.12.